
Eski Foça, Türkei
Kurz vor Vollmond
Ich sitze hier in meinem Camper und mache genau das, was ich liebe: reisen, schreiben, begleiten.
Mein Tag pendelt zwischen Website-Workflow, Familiendingen und Strand: Laptop • Kieselstrand • Meerblick.
Während ich den Wellen zuschaue, tippe ich meine Geschichte mit einem Finger in mein Smartphone. Das ist genau mein Denktempo. Und nachts geht’s weiter an der Webseite, die hier gerade entsteht.
Rund um das Wohnmobil bellen die Hunde. Wirklich viele! Vielleicht üben die ja schon mal VOLLMOND.
Bucht von Eski Foça
Hooschsch, hoschh, woshhh.
In einem fort.
Wellen plätschern.
Sie schieben sich über den groben Kies.
Der Kies ratscht, macht sein eigenes Geräusch mit dem Wasser.
Der Kies hat dieselbe Farbe wie der Kangal dort hinten. Oder hat der Kangal hat die Farbe des Kieses angenommen?
Hell, groß, treu – der Hüter dieses Ortes.
Rund um Eski Foça liegen unzählige kleine Buchten.
Doch diese hier ist anders.
Sie ist klein, gesäumt von hellen Sandsteinfelsen,
zerklüftet, matt, trotzig gegen Wind und Wasser.
Obwohl sie leicht erreichbar ist aus der kleinen Stadt, scheint sie eine geheime, eigene Welt zu sein.
Wer hier verweilt, liebt diesen Ort.
Sobald man den Hügel zur Bucht überquert hat, breitet sich Entzücken aus – in
Körpern, in Gesichtern.
Alles scheint gleich seit Jahrzehnten.
Ein paar Camper haben ihre kleinen Zelte unter den wenigen Pinien, die Schatten spenden, aufgeschlagen, sie fügen sich ein in die Stille dieses Ortes. Zwischen Felsen lebendige Inseln von Grün – Maccia, Oliven, Gras, schon goldbraun vom Sommer.
Alles scheint gleich seit Jahrzehnten.
Am linken Ende der Bucht steht ein Junge bis zu den Waden im Wasser. Mit blauen Plastikschühchen balanciert er über die spitzen Steinchen.
Ein Mädchen zögert noch, ob sie schwimmen soll. Dann fasst sie sich ein Herz und mit einem Satz taucht sie unter.
Oben glimmt ein kleines Feuer in einer Metallschale – es wartet auf den Fisch.
Eine junge Türkin sitzt daneben mit der Angel. Ihr Freund füllt lachend Rakı in die Gläser, stellt Gewürzgurken hin. Sie taucht vergnügt hinein, fischt sich eine heraus und verschlingt sie.
Die Angel indes bleibt still.
Die Pose bewegt sich mit den Wellen.
Hooschsch, hoschh, woshhh.
In einem fort.
Die Sonne steht tief. Alles ist in Gold getaucht, weich und schön und sanft.
Der lange Schein tanzt mit dem stahlblauen Wasser und spielt Fangen, bis die Nacht die Sonne nach Hause holt.
Am Horizont ziehen die Fischerboote hinaus, eben erst zur Arbeit aufgebrochen.
Vor den vorgelagerten Inseln kreuzt ein Segelboot im Abendlicht.
Auf der anderen Seite der Bucht schwimmen zwei alte Freunde, plaudern über Männersachen, spazieren die ganze Bucht entlang und sammeln Müll in einem Reissack.
Eigentlich ist schon alles sauber.
Kaum Plastik, kaum ein Stummel.
Doch sie sammeln akribisch.
An diesem Ort ist alles anders.
An dieser Bucht soll alles sauber sein.
Alle, die hier sind, spüren das, wissen das.
Hier ist es schön.
Alles scheint gleich seit Jahrzehnten.
Die Bucht ist sauber.
Es duftet nach Meer.
Noch immer kein Fisch auf dem Grill.
Bevor die Freunde gehen, steigen sie aus den Badehosen. Beinahe wäre das Handtuch ins Wasser gefallen. Eine Pobacke blitzt keck hervor. Sie lachen laut.
Hooschsch, hoschh,woshhh.
In einem fort.
Wellen plätschern, schieben sich über den groben Kies. Der Kies ratscht, macht sein eigenes Geräusch.
Der Kangal schläft tief.
Die Sonne ist in ihr Zuhause gegangen.
Bis morgen, Bucht.
Bis morgen, Kangal.


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